Auf Antrag der Grünen wird am Mittwoch im Haushaltsausschuss Prof. Peter Bofinger und Prof. Christoph M. Schmidt vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zum Altschuldentilgungsfonds berichten.
Der Altschuldentilgungsfonds ist nach der Einschätzung von Bündnis 90/Die Grünen ein zukunftsweisendes Instrument, um die Schuldenkrise in den europäischen Mitgliedsstaaten in den Griff zu bekommen. Der Sachverständigenrat schlägt in seinem am 9.11.2011 veröffentlichten Jahresgutachten einen Schuldentilgungsfonds für Altschulden im Eurosystem vor. Dem Fonds sollen alle Schulden zugeführt werden, die im Stabilitäts- und Wachstumspakt beschlossene Grenze von 60% zum Bruttoinlandsprodukt übersteigen. Die Übertragung soll sukzessive bei Ablauf der jeweiligen nationalen Anleihen erfolgen, bis die restliche am Markt befindliche Schuld nur noch 60% des jeweiligen BIP ausmacht. Ziel soll sein, die überführten Schulden in 20 bis 25 Jahren zu tilgen um so auf einen Schuldenstand von 60% zu kommen.
Die Einführung europäischer Anleihen
Aufgrund der angespannten Situation auf dem Markt für europäische Staatsanleihen schlägt der SVR vor, die an den Schuldenfonds übertragenen Anleihen bis zum Auslaufen des Fonds über europäische Anleihen mit gesamtschuldnerischer Haftung zu finanzieren. Die Schulden müssten aber weiterhin von den jeweiligen Nationalstaaten zurückgeführt werden und die gemeinschaftliche Haftung dient nur der Absicherung im Falle des Ausfalls einer der beteiligten Länder.
Die zugrunde liegende Idee ist, dass europäische Anleihen zu einem wesentlich günstigeren Zinssatz vergeben werden könnten als nationale Anleihen von Staaten, die derzeit an den Märkten unter Druck geraten. Die dadurch niedrigere Zinslast soll so den Spielraum geben, um die Schulden perspektivisch zurückzuführen.
Konsolidierungsmaßnahmen
Darüberhinaus schlägt der Sachverständigenrat vor, den haushälterischen Druck aufrecht zu erhalten, indem die teilnehmenden Länder zur Aufnahme einer Schuldenbremse in die jeweiligen Verfassungen verpflichtet werden. Des Weiteren soll ein Aufschlag auf nationale Steuern in seiner Höhe direkt dem Tilgungsfonds zufließen und die an den Tilgungsfonds zu leistenden Zahlungen sollen einen gesetzlichen Vorrang gegenüber anderen Zahlungsverpflichtungen erhalten. Letztlich sollen die Länder einen noch zu bestimmenden Teil ihrer Währungsreserven zur Sicherung der eigenen Schulden an den Fonds abtreten. Die niedrigeren zu erwartenden Zinszahlungen sollen den Anreiz für diese Konsolidierungsmaßnahmen bieten.
Parallel dazu soll für jedes Land vor Start des Fonds eine Konsolidierungs- und Wachstumsstrategie ausgearbeitet werden, um das Tilgungsziel in 20 bis 25 Jahren zu erreichen. Letztlich empfiehlt der SVR einen Absicherungsmechanismus, wenn ein Land den in der Strategie eingegangen Verpflichtungen nicht nachkommt. In diesem Fall sollen weitere Übertragungen in den Fonds gestoppt werden.
Grüne Bewertung
Der Vorschlag des SVR ist ein verheerendes Urteil für die bisherige Krisenpolitik der Bundesregierung. Bündnis 90/Die Grünen bewerten den Vorschlag des SVR als einen sinnvollen Schritt, der in großen Teilen unseren Forderungen entspricht. Zwar sieht das Modell des Altschuldentilgungsfonds ein Auslaufen der Anleihen nach 25 Jahren vor, jedoch wird prinzipiell das gleiche Modell verfolgt. Der Druck der Märkte wird als nicht funktionierender Mechanismus zur Reduktion der Staatsschulden beschrieben, da er zu lange gar nicht funktionierte, dann aber plötzlich massiv über die Anleihemärkte hereinbrach. Deshalb soll jetzt durch politischen Druck und funktionierende Anreizmechanismen die Staatsverschuldung reduziert werden. Da Sparprogramme ihre Wirkung nicht kurzfristig entfalten, muss für die Zwischenzeit eine Entlastung bei den Zinsausgaben erreicht werden. Eine europäische Stabilitätsstrategie mit bindenden Vorgaben für die nationalen Haushalte und die Emission europäischer Anleihen sind der beste Weg, um dieses Ziel zu erreichen. Diese grüne Einschätzung wird nun auch vom SVR geteilt.