Der Bundestag tritt zu einer ersten Sondersitzung in der Sommerpause zusammen, um über die Aufnahme von Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket für Griechenland zu beraten und abzustimmen. Tobias unterbricht seine parlamentarische Sommerpause und reist zu den parlamentarischen Beratungen nach Berlin. Am Donnerstagmittag wird im Haushaltsausschuss über das Verhandlungsergebnis vom Wochenende berichtet, am Abend debattiert die GRÜNE Fraktion in einer Sonder-Fraktionssitzung Ihre Position und am Freitag wird der Deutsche Bundestag debattieren und abstimmen.
Am Wochenende kam es doch noch zu einer Einigung der Euroländer. Griechenland ist nun aufgefordert in kürzester Zeit Reformen zu beschließen und umzusetzen, bevor es zu weiteren Verhandlungen zu einem dritten Hilfspaket kommt. Dazu gehören folgende Maßnahmen:
- Vereinheitlichung der Mehrwertsteuersätze und Verbreiterung der Steuerbemessungsgrundlage zur Erhöhung der Steuereinnahmen
- Maßnahmen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit des Pensions-/Rentensystems
- Sicherung der vollständigen rechtlichen Unabhängigkeit der griechischen statistischen Behörde ELSTAT
- Umsetzung des Fiskalvertrags durch Einsetzung eines unabhängigen Fiskalrats (Fiscal Council) und von automatischen Ausgabenkürzungsmechanismen, die bei Abweichung von den ambitionierten Zielen für den Primärüberschuss greifen (auch wenn Abweichungen exogen verursacht werden)
Für die weiteren Verhandlungen wurden weitere Reformen als Bedingung genannt, die Griechenland angehen muss:
- Ambitionierte Rentenreform mit Umsetzung der Abschaffung des staatlichen Zuschusses an die Rentenkassen oder gleichwertiger Alternativen bis Oktober 2015
- Privatisierung des Stromanbieters ADMIE oder wettbewerbspolitisch gleichwertige Alternative.
- Überprüfung des kollektiven Arbeitsrechts (Tarifverhandlungen, Streikrecht) und des Regelwerks für Massenentlassungen und deren Modernisierung anhand von europäischer Best Practice;
- Stärkung des Finanzsektors, insbesondere entschiedene Adressierung des Problems der Non-Performing Loans und Verbesserung der Steuerung und Unabhängigkeit des Hellenic Financial Stability Fund (HFSF)
- Beschleunigung der Privatisierungsverfahren, insbesondere durch Gründung eines unabhängigen, in Griechenland ansässigen und von griechischen Behörden unter Aufsicht der maßgeblichen europäischen Organe und Einrichtungen verwalteten Treuhandfonds, der griechische Vermögenswerte privatisieren und der zur Zurückzahlung des ESM Kredits genutzt werden soll. Von anvisierten 50 Mrd. Euro Gesamterlös sollen 25 Mrd. Euro zur Rückzahlung der Banken-Rekapitalisierungshilfen des ESM verwendet werden.
- Stärkung und Modernisierung der griechischen Verwaltungskapazitäten durch ein von der EU Kommission beaufsichtigtes Capacity-Building Programm, für das die griechische Regierung bis zum 20. Juli einen ersten Vorschlag vorlegen soll.
- Die von der aktuellen griechischen Regierung seit Amtsantritt verabschiedeten ausgabewirksamen Gesetze, die entgegen der Vereinbarung vom 20. Februar 2015 frühere Programmauflagen rückgängig machen, sollen rückgängig gemacht oder anderweitig kompensiert werden (Ausnahme: Gesetz gegen die humanitäre Krise, das Essensmarken und kostenlosen Strom für arme Haushalte bereitgestellt hat).
Neben der Zustimmung des Griechischen Parlaments zu einem Verhandlungsmandat sind auch sechs weitere europäische Parlamente dazu aufgefordert. Neben Deutschland werden auch Estland, Finnland, die Niederlande, Österreich und die Slowakei eine parlamentarische Abstimmung über die Weiterführung der Verhandlungen durchführen. Der Grexit ist noch nicht vom Tisch.
Die GRÜNE Bundestagsfraktion kritisiert die Verhandlungsführung der Bundesregierung, insbesondere die von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sabotierte Kompromissfindung durch den Vorschlag eines temporären Grexit. Die Bundesregierung hat durch ihre Verhandlungsführung einen historischen Fehler begangen und Deutschland eins ums andere Mal ins Abseits manövriert. Darüberhinaus kritisieren wir an den Ergebnissen vom Wochenende die Kurzsichtigkeit. Griechenland benötigt dringend Investitionen, damit die Wirtschaft wieder in Schwung kommt, diese werden nur am Rande erwähnt. Auch eine Streckung der Schuldrückzahlungen wird leider nicht aufgegriffen.