Kommentierung der Haushaltseckwerte 2017

GRÜNE Haushaltspolitik: Gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken – Verantwortung für die Zukunft übernehmen

Die Eckwerte für den Haushalt 2017 sind trotz des vielen Wirbels, den die SPD um das sogenannte Solidarprojekt gemacht hat, enttäuschend. Von dem groß angekündigten 5-Milliarden-Programm bleiben am Ende gerade einmal 2,3 Milliarden übrig. Das sieht mehr nach einem Showprojekt als einem Solidarprojekt aus. Vor allem beim Wohnungsbau bleiben CDU/CSU und SPD weiterhin auf der Bremse stehen. Von den groß angekündigten neuen 1,8 Milliarden Euro der SPD bleiben bei genauerer Betrachtung gerade einmal 800 Millionen frisches Geld übrig. Die dringend notwendige Verdoppelung der Mittel für den sozialen Wohnungsbau auf 2 Milliarden Euro kommt nicht.

Dafür werden im Verteidigungsetat immer noch Milliarden in Rüstungsdesatern verschwendet. Es fehlt ein effektives Controlling. Es ist verantwortungslos, dass der Wehretat massiv erhöht wird. Mehr Geld löst die Probleme der Bundeswehr nicht. Wir brauchen keine neuen Rüstungsdesaster, sondern mehr Geld für Integration und sozialen Zusammenhalt.

Unseriöse Finanzierung

Die Finanzierung ihres Haushaltes kippen CDU/CSU und SPD der nächsten Regierung vor die Füße. Für das Jahr 2018 ist eine globale Minderausgabe von 6,7 Milliarden Euro geplant. Zu der milliardenschweren globalen Minderausgabe kommen weitere Belastungen für den Bundeshaushalt ab 2018: die leere Rentenkasse, die durch die systemfremde Finanzierung für die Mütterrente geplündert wird, und der große Investitionsstau, der durch die mangelnden Investitionen immer größer wird. Im Haushalt wird sich ab 2018 ein schwarzes Loch auftun. Der Finanzminister handelt nach der Devise: Nach dem Wahltag kommt der Zahltag.

Erneut gelingt es Wolfgang Schäuble nicht, Spielräume im Haushalt für Investitionen in die Zukunft zu schaffen. Er verlässt sich zur Finanzierung weiterhin auf die gute Konjunktur, auf gute Steuereinnahmen und niedrige Zinsen. Schäuble verweigert die harte und ehrliche Arbeit am Haushalt selbst. Im Ergebnis verschiebt er Finanzierungsbedarfe, die heute anstehen, in die Zukunft. Das ist eine unseriöse und kurzsichtige Haushaltspolitik.

Investitionsstau bleibt bestehen

Die Steuereinnahmen steigen im Zeitraum der Finanzplanung um 48,6 Milliarden Euro, gleichzeitig sinken die Zinskosten um 22,7 Milliarden Euro. Insgesamt plant die Bundesregierung bis 2020 Mehrausgaben in Höhe von 30,9 Milliarden Euro. Dem gegenüber stehen in den kommenden drei Jahren nur geringe Anwüchse bei den Investitionen.  2020 verringern sie sich im Vergleich zum Status quo sogar um 0,9 Milliarden Euro. Die Investitionsquote steigt bis 2019 auf 10,2% an und stürzt dann 2020 auf 8,8% ab. Angesichts eines gewaltigen Investitionsstaus und dem stetigen Verlust an Nettovermögen des Staates ist das verantwortungslos.

Heute an Morgen denken

Angesichts der Herausforderungen vor denen wir stehen: Aufnahme und Integration von Geflüchteten, Stärkung des sozialen Zusammenhalts und die Überwindung des Investitionsstaus, sind strukturelle Reformen im Haushalt notwendig. Statt zu gestalten, verwaltet die Große Koalition nur und schiebt deshalb eine Bugwelle überfälliger Reformen vor sich her. Abbau von umweltschädlichen Subventionen, Umschichtungen, ein effektives Controlling und gerechte Einnahmeverbesserungen sind seit Langem überfällig und das dringende Gebot der Stunde. So schaffen wir Spielraum im zweistelligen Milliardenbereich für Investitionen in Integration, den sozialen Zusammenhalt und den Erhalt der Infrastruktur.

Bündnis 90/ Die Grünen wollen:

·         Investitionen in die Integration der Geflüchteten

·         Investitionen in den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft

·         Investitionen in Klimaschutz, Bildung, Forschung, schnelles Internet und den Erhalt unserer Infrastruktur

·         Eine Verfallsbremse gegen den Verfall öffentlichen Vermögens

·         Eine transparente Bilanzierung des öffentlichen Vermögens

·         Aktives Controlling und den Stopp von Verschwendung bei Großprojekten

Verantwortung übernehmen – Nachtragshaushalt für 2016 vorlegen

Die hohe Zahl von Geflüchteten hat die ohnehin bestehenden Defizite in der öffentlichen Verwaltung, im Bildungsbereich, bei der Arbeitsmarktförderung und beim Wohnungsbau besonders deutlich gemacht. Von den notwendigen Investitionen sollen alle profitieren, insbesondere auch einkommensschwache und benachteiligte Menschen, die jetzt schon unter den bestehenden Defiziten leiden. Das stärkt den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.

Das von der Koalition beschlossene Haushaltsgesetz regelt, dass der nach Abschluss aller Buchungen im Haushaltsjahr 2015 entstandene Überschuss in eine Rücklage zur Finanzierung von Flüchtlingsausgaben fließt. Jetzt ist es wichtig, dass diese Mittel bereits im Haushaltsjahr 2016 schnell in sozialen Wohnungsbau, in Bildung und in die Arbeitsmarktintegration investiert werden. Das Geld ist da, die Herausforderungen drängen jetzt, darum braucht es : mehr Gerechtigkeit auf dem Wohnungsmarkt in den Ballungszentren, bessere Schulen und Kitas, die inklusives Lernen ermöglichen, sowie eine nachhaltige und schnellere Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten. Diese Maßnahmen eröffnen Chancen für alle. Deswegen fordern wir einen Nachtragshaushalt für 2016.

Verfallsbremse und Bilanzierung – Werte erhalten

Die Nullverschuldung ist Augenwischerei. In Wahrheit lebt Deutschland von der Substanz und auf Kosten der kommenden Generation. Die Bundesregierung versteckt Schulden, anstatt sie transparent zu machen.

Die aktuelle Nullverschuldung wird getragen von guten Steuereinnahmen, niedriger Arbeitslosigkeit und den historisch niedrigen Zinsen. Eine haushaltspolitisch strukturelle Leistung ist dies nicht. Die Nullverschuldung gründet zudem auf Wertverzehr des öffentlichen Vermögens. Die abnehmende Qualität der Infrastruktur wird nicht bilanziert. Eine kaufmännische Abschreibung findet nicht statt. Damit fehlt eine ehrliche und transparente Übersicht zur wahren Vermögenssituation und Vermögensentwicklung des Bundes.

Die Bundesregierung versucht zudem mit Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP), die Regelungen der Schuldenbremse zu umgehen. Der Staat kauft sich Leistungen bei Unternehmen ein und bezahlt diese erst in der Zukunft. Aus den Erfahrungen ist bekannt: ÖPP-Projekte als Finanzierungsalternative staatlicher Aufgaben werden politisch nur unzureichend kontrolliert, sind intransparent und im Vergleich zur Finanzierung durch die öffentliche Hand unwirtschaftlich. Das haben Bundesrechnungshof und Länderrechnungshöfe anhand von Projekten nicht nur im Straßenbau, sondern auch im Hochbau dargelegt. Für den Steuerzahler ist eine solche Lösung teuer. Unkalkulierbare Kosten werden so von heute in die Zukunft verlagert. So entsteht Schattenverschuldung. Eine ehrliche Bilanzierung sieht anders aus. Wir fordern daher die Regelungen der Schuldenbremse so zu ändern, dass ÖPP-Projekte in die Berechnung der Schuldenbremse einbezogen werden.

Damit die Schuldenbremse umfassend funktionieren kann, muss zusätzlich die Kameralistik des Bundes um eine transparente und ehrliche Bilanzierung des öffentlichen Vermögens ergänzt werden. Abschreibungen dokumentieren die wirtschaftliche Wahrheit. Es ist notwendig, die Infrastruktur-Vermögenswerte des Bundes transparent zu erfassen und jährlich zu bilanzieren.

Im Haushalt wird insgesamt auch viel zu wenig investiert. Die Bundesregierung handelt ausgesprochen kurzsichtig und verantwortungslos. Angesichts der bevorstehenden Herausforderungen und des Modernisierungsstaus bei der Infrastruktur ist das zukunftsvergessen. Die Gestaltung der Zukunft baut auf dem auf, was in der Vergangenheit an Werten und Substanz geschaffen wurde. Von 1992 bis 2012 hat sich das private Vermögen auf mehr als 10 Billionen Euro verdoppelt, während das staatliche Nettovermögen um 800 Mrd. Euro auf nahezu Null geschrumpft ist. Die Nettoinvestitionsquote des Gesamtstaates ist seit zehn Jahren negativ, damit nimmt der Wertverzehr weiter zu. Das Ziel zukunftsfähiger Haushaltspolitik muss es sein, die Investitionskraft im Haushalt deutlich zu stärken. Deswegen wollen wir eine Verfallsbremse in Form einer Investitionsregel für den Bundeshaushalt, die vorschreibt, dass das Bundesvermögen erhalten bleibt, indem die Abschreibungen auf das Vermögen zwingend durch Neuinvestitionen ersetzt werden.

Good Governance – Aktives Controlling im Haushalt

Die Eckwerte und die Finanzplanung zeigen: Die Bundesregierung verschwendet viel Geld. Die Kostenexplosionen bei Rüstungsdesastern, bei neuen Autobahnen oder bei Großprojekten wie dem Flughafen BER machen deutlich: Es gibt in der Planung, in der Kontrolle und in Fragen der Transparenz enorme Defizite im Haushalt. Hier traut sich die Bundesregierung nicht ran und sieht zu, wie das Geld weiter zum Fenster rausgeschmissen wird.

Verfestigte und ineffiziente Strukturen, die Partikularinteressen geschuldet sind, gibt es in vielen Bereichen. Wir brauchen ein aktives Controlling des Staates mit einer effizienten Planung, Lenkung, Steuerung und Kontrolle der öffentlichen Aufgaben und Prozesse. Good Governance: Das sollte der Grundsatz in allen Ressorts im Haushalt sein.