- Deutschland befindet sich mitten in der Pandemie, Bund und Länder haben weitreichende Maßnahmen ergriffen, um Leben und Gesundheit aller zu schützen.
- Dafür ist eine ausreichende, vom Parlament beschlossene Grundlage erforderlich. Diese wird nun im Bundestag mit dem 3. Bevölkerungsschutzgesetz geschaffen.
- Dieses Gesetz kann nur ein erster Schritt sein. Unsere weiteren Forderungen und Klarstellungen haben wir deshalb in einem Änderungsantrag eingebracht.
Um die Pandemie zu bekämpfen, brauchen wir ein funktionierendes Gesundheitssystem – viele Krankenhäuser in Deutschland kommen aber zunehmend an ihre Grenzen. Wir müssen die Pandemie eindämmen. Darum haben Bund und Länder Maßnahmen ergriffen, die teilweise tief in die Grundrechte von uns allen eingreifen.
Bisher unzureichende Rechtsgrundlagen
Die Maßnahmen stützen sich rechtlich bislang vor allem auf die nur allgemein gehaltene und nicht für den Pandemiefall geeignete Generalklausel des § 28 Infektionsschutzgesetz (IfSG), sie werden von den Ländern in ihren jeweiligen Infektionsschutzverordnungen oder Landesgesetzen konkretisiert.
Wir Grüne im Bundestag haben seit April die unzureichenden Rechtsgrundlagen kritisiert. Unsere Kernforderung: es braucht eine vom Parlament beschlossene konkretere gesetzliche Grundlage und klare Voraussetzungen, insbesondere Ziele, Zwecke, Eingriffsschwellen und Grenzen für mögliche Grundrechtseingriffe.
Auch Gerichte teilen zunehmend unsere Auffassung, dass die Landesverordnungen zum Infektionsschutz eine ausreichende, vom Parlament beschlossene Grundlage brauchen.
3. BevSchG kann nur der erste Schritt sein
Diese bundesgesetzliche Grundlage wird nun mit dem 3. Bevölkerungsschutzgesetz geschaffen. Das Parlament setzt damit einen Rahmen für das Handeln der Regierungen. Weiterhin ist im Gesetz geregelt, dass Krankenhäuser und Reha-Einrichtungen wie schon im Frühjahr einen finanziellen Ausgleich bekommen, wenn sie infolge der Pandemie und zur Freihaltung von Intensivbetten auf Behandlungen verzichten. Besonders gefährdete Menschen erhalten zudem einen Anspruch auf kostengünstige Versorgung mit Masken eines höheren Schutzgrades (FFP2).
Weitere Schritte müssen folgen.
Unsere Kritik
- Im Gesetzentwurf ist der Zusammenhang zwischen Infektionsgeschehen und möglichen Maßnahmen nicht klar genug hergestellt. Besser wäre es, Risikostufen zu definieren und die Maßnahmen diesen zuzuordnen. Denn damit könnten sich Bevölkerung und Unternehmen möglichst langfristig darauf einstellen, welche Maßnahmen bei welcher Inzidenz erlassen werden.
- Wir sprechen uns seit langem für die Einrichtung eines interdisziplinär besetzten wissenschaftlichen Pandemierates aus, der mit Empfehlungen eine Strategie für die kommenden Monate entwickeln hilft. Die Chance, ein solches Gremium nun gesetzlich zu verankern, hat die Koalition nicht genutzt.
- Wir setzen uns dafür ein, die Belange von Kindern stärker zu berücksichtigen. Ihnen soll auch in Hotspots mit vielen Infizierten ein Mindestmaß an Kontakten mit anderen Kindern ermöglicht und eine Betreuung in Kita oder Schule garantiert werden, auch wenn diese für den Regelbetrieb geschlossen werden müssen.
- Aus unserer Sicht muss ein Mindestmaß an sozialen Kontakten auch außerhalb von Heimen und Krankenhäusern geschützt sein – Menschen dürfen nicht vollständig isoliert werden – und bei Kontakt- und Reisebeschränkungen der Schutz von Ehe, Partnerschaft und Familie beachtet werden.
- Zudem fordern wir für die Finanzierung von Corona-Tests, ähnlich wie jetzt bei den Schutzimpfungen, die privaten Krankenkassen mit einzubeziehen, statt die kompletten Lasten weiterhin allein der gesetzlichen Krankenversicherung zu übertragen.
- Auch das Thema der finanziellen Entschädigungen für wirtschaftliche Einbußen aufgrund der Pandemie muss vom Gesetzgeber geregelt werden.
Dieses Gesetz wird mit großer Eile in einer kritischen Phase der Pandemie im Bundestag beschlossen. Seit Ende Oktober ist die Zahl der Infizierten mit hoher Dynamik angestiegen und in vielen Orten die Kontrolle über das Infektionsgeschehen entglitten.
Durch die bisherigen Maßnahmen ist es gelungen, die Dynamik der zweiten Welle zu brechen. Ob die Maßnahmen ausreichen, die bisher ergriffen worden sind, wird sich in den nächsten Tagen herausstellen. Wir setzen uns weiter dafür ein, dass die Debatte über weitere Maßnahmen in den Parlamenten geführt wird.