Auf dem Weg zur Nationalen Sicherheitsstrategie

Fast vier Monate dauert der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine bereits an. Ein brutaler Krieg im Herzen Europas, der in erster Linie die Bevölkerung der Ukraine trifft. Die schrecklichen Bilder aus Butscha, Mariupol und Irpin haben sich bei uns allen eingebrannt. Russland hat mit diesem Krieg die europäische Sicherheitsordnung in ihren Grundfesten erschüttert.

Russlands Angriffskrieg schafft eine bittere neue Realität in Europa – und er mahnt: Die Sicherheit der Freiheit unseres Lebens ist ein teures, ein kostbares Gut, das wir im Zweifel auch militärisch verteidigen müssen. Deswegen müssen wir uns, neben allen Soforthilfen, auch mit den mittel- und langfristigen Konsequenzen auseinandersetzen.

Bereits im Koalitionsvertrag mit SPD und FDP hatten wir vereinbart, eine Nationale Sicherheitsstrategie vorzulegen. Im Lichte des Krieges wird diese auch maßgeblich von der Zeitenwende geprägt sein. In dieser Strategie wollen wir als Regierung die Vielfalt der sicherheitspolitischen Herausforderungen und Bedrohungen adressieren. Sie wird die ganze Bandbreite an politischen, wirtschaftlichen, militärischen und zivilen Fähigkeiten und Instrumenten berücksichtigen, die uns national sowie im Verbund mit Verbündeten und Partnern zur Verfügung stehen.

Die Nationale Sicherheitsstrategie soll kein Dokument werden, das in einer Schublade verschwindet. Sie betrifft das ganze Land und alle Menschen, die in Deutschland leben. Um das auch abzubilden, soll bereits der Prozess der Erarbeitung einen gesellschaftspolitischen Beitrag leisten. Hierfür wird Außenministerin Baerbock im Juli eine Sommerreise mit dem Schwerpunkt Sicherheitspolitik mit Veranstaltungen in ganz Deutschland unternehmen.

Inhaltlich ist klar, dass die Zeitenwende eine kritische – auch selbstkritische – Überprüfung unserer Sicherheitspolitik erfordert. Wie können wir unsere Demokratie, unsere Freiheit, unsere Lebensgrundlagen schützen? Was sind unsere Werte, unsere Interessen? Wir müssen jetzt die Grundsteine für eine Zukunft in Sicherheit legen. Das kann uns nur gelingen, wenn wir den Mut aufbringen, Gefahren und Herausforderungen ehrlich zu benennen. Wenn wir in unsere Fähigkeiten investieren. Wenn wir unsere Strukturen neu denken.

Wir müssen uns an die großen strategischen Fragen heranwagen. Um nur einige zu nennen: Wie müssen wir den Weg zu mehr europäischer Handlungsfähigkeit ausgestalten? Ist eine starke EU jetzt mehr als je zuvor der Schlüssel zu einem starken Europa an der Seite unseres transatlantischen Partners? Auf diese und viele andere Fragen soll die Nationale Sicherheitsstrategie Antworten geben.

Nicht zuletzt gehört auch die wirtschaftliche Resilienz unseres Landes und der EU dazu. Deutschland und die EU könnten noch wesentlich aktiver Handels- und Industriepolitik betreiben, um die eigenen Interessen zu wahren. Wir könnten unsere Lieferketten und Absatzmärkte zügig diversifizieren, um einseitige Abhängigkeiten und politische Erpressbarkeit zu vermeiden. Wir brauchen Instrumente und Resilienz, um uns gegen den zunehmenden Einsatz von Wirtschafts- und Geschäftsbeziehungen als Waffe zu wehren.

Die Erarbeitung und Umsetzung dieser immer drängenderen Aufgaben und Prozesse samt der dazugehörigen Bürgerbeteiligung ist Kern der Nationalen Sicherheitsstrategie. Liebe Freundinnen und Freude, es liegen große Aufgaben vor uns allen gemeinsam in den nächsten Wochen und Monaten. Die Arbeit hat gerade erst begonnen, aber gemeinsam werden wir das schaffen!