Klimaaußenpolitik ist präventive Sicherheitspolitik

Mit ihrer Reise nach Palau hat uns Annalena Baerbock vor wenigen Wochen erneut eindrücklich daran erinnert: Die Klimakrise ist in einigen Regionen der Welt bereits voll angekommen. Das Meer verschlingt die Ernten, die Strände, die Inseln und die Häuser. Einige Monate zuvor, während einer weiteren Reise von Annalena nach Mali und Niger, zeigte sich ein Bild mit derselben Eindringlichkeit. Nur war die Ursache der dort zunehmenden Unwirtlichkeit nicht das Wasser, sondern die Dürre. Vor 40 Jahren wurde im Sahel noch Baumwolle angebaut, nun ist dort nur noch Staub und Stein und wir sehen auf dramatische Art und Weise, was diese technischen 1,5 bis 2 Grad Erderwärmung vor Ort konkret bedeuten – nämlich eine tatsächliche Erhöhung der Durchschnittstemperatur um 5 Grad. Wir alle wissen, es ist die täglich fortschreitende Klimakrise, die den Menschen ihre Lebensgrundlage nimmt und Flora und Fauna zerstört.

Wir haben als Grüne in den Koalitionsverhandlungen im letzten Herbst durchgesetzt, dass die Bekämpfung der Klimakrise deutlich stärker in den Fokus unseres Regierungshandelns, und insbesondere auch unserer internationalen Politik genommen wird. Das Auswärtige Amt hat als verantwortliche Staatssekretärin die Expertin und frühere Chefin von Greenpeace Deutschland, Jennifer Morgan, an Bord geholt. Derzeit wird eine Unterabteilung für Klimaaußenpolitik aufgebaut. Zur Unterstützung der Klimaaußenpolitik ist die Zuständigkeit für internationale Klimakonferenzen vom Umweltministerium zum Auswärtigen Amt gewechselt.

Es ist mittlerweile auch deutlich geworden: Klimaaußenpolitik ist präventive Sicherheitspolitik. Von den 20 Staaten, die am stärksten von der Klimakrise betroffen sind, sind 60 Prozent auch von Konflikten betroffen. Extreme Wetterereignisse verknappen die Ressourcen, verschärfen dadurch Verteilungskämpfe und Konflikte und führen oftmals zu großen Fluchtbewegungen, wenn ganze Regionen nicht mehr bewirtschaftet werden können. Die Klimakrise ist auch ein Treiber für Terrorismus. Wo Felder nicht mehr bestellt und in Seen nicht mehr gefischt werden kann, verdingen sich junge Menschen ohne wirtschaftliche Perspektive bei lokalen Terrorgruppen, von denen sie Essen, eine Waffe und einen Toyota Pick-Up bekommen. Eine besonders schmerzliche Entwicklung tritt ein, wenn mittellose Bauern zusehen müssen, wie ihre Kinder als Kindersoldaten in die schlimmsten Teufelskreise geraten. Wenn wir die Klimakrise zumindest ansatzweise in den Griff bekommen, ist das auch ein Beitrag zur Sicherheitspolitik weltweit.

Die Bekämpfung der Klimakrise sollten wir nicht nur als Herausforderung, sondern auch als Chance wahrnehmen. Denn mit jedem Zehntel Grad Erderwärmung, das wir reduzieren können, tragen wir auch dazu bei, dass Entwicklungschancen bestehen bleiben.

Die Prävention, aber auch der Umgang mit Klimafolgen durch Anpassung und den Aufbau von Resilienz stehen im Zentrum der Klimaaußenpolitik. Deutschland setzt sich dafür ein, dass Fragen von Klima und Sicherheit auch im multilateralen Rahmen, zum Beispiel in den Vereinten Nationen, in der EU, OSZE und NATO, stärker berücksichtigt werden.

Unsere Hilfe läuft auf mehreren Ebenen gleichzeitig. Wir müssen natürlich unsere eigenen Klimaziele erreichen und eine Vorreiterrolle einnehmen. Die Industrienationen des globalen Nordens tragen als größte Emittenten auch die größte Verantwortung für die Bekämpfung der Klimakrise. Außerdem: Wenn wir es nicht tun, werden viele weitere Länder auch nicht folgen. Gleichzeitig helfen wir konkret auf unterschiedliche Arten international. In Palau beteiligen wir uns beispielsweise am Aufbau nachhaltigen Fischfangs, in Fidschi helfen wir Gemeinden durch den Bau neuer Häuser in höher gelegenen Gebieten erhalten zu bleiben. Aber am wichtigsten ist unsere finanzielle Hilfe. Die Industriestaaten haben sich 2009 das Ziel gesetzt, ab 2020 jährlich 100 Milliarden für Investitionen in Klimaschutz bereitzustellen. Das ist uns bisher nicht gelungen. Hier setzen wir nun an.

Zum Petersberger Klimadialog, der vom 17. bis 19. Juli zum ersten Mal im Auswärtigen Amt stattfand, trafen sich hochrangige Vertreterinnen und Vertreter aus rund 40 Staaten mit dem Ziel, konkrete Schritte zur Bewältigung der Klimakrise zu diskutieren.

In den Worten Annalenas: “It’s a big challenge – but it is our only chance to save the planet.”