Rede – Allgemeine Finanzdebatte

Redeprotokoll

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat der Kollege Dr. Tobias Lindner für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Schäuble, Sie haben vorhin vom Hausaufgabenmachen gesprochen. Ihre Schulzeit liegt zwar länger zurück als meine, aber ich gehe davon aus: Auch Sie erinnern sich noch daran, wie das mit den Hausaufgaben war. Wenn man sie nicht gerne gemacht hat, dann hat man zwar irgendwas abgegeben, sich aber an einigen Stellen um die wahre Aufgabe herumgemogelt.

(Johannes Kahrs [SPD]: Unglaublich!)

So kommt mir auch der Regierungsentwurf zum Haushalt 2014 vor, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie mogeln sich bei diesem Regierungsentwurf an drei Stellen an der wahren Aufgabe vorbei. Erstens schaffen Sie in Ihrer mittelfristigen Finanzplanung nicht nur Konjunkturschwankungen und Konjunkturzyklen ab, nein, Sie verlängern auch Niedrigzinsphasen ins Unendliche. Sie bauen eine mittelfristige Finanzplanung auf Sand. Das ist alles andere als ein strukturiertes Vorgehen, um wirklich eine schwarze Null zu erreichen, die dauerhaft erhalten werden kann.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Barthle [CDU/CSU]: 25 Prozent mehr Zinsausgaben!)

Zweitens. Sie reden über das Kürzen von Zuschüssen für die Sozialversicherungen. Sie konsolidieren über den Griff in die Sozialkassen, statt ernsthaft und engagiert beispielsweise über eine Bundessteuerverwaltung zu reden oder darüber, wie man im Wirtschaftsetat Subven-tionen kürzen kann oder wie wir im Haushalt dort an die Ausgaben herangehen können, wo es wehtut oder wo wir effizienter werden können. An dieser Stelle verweigern Sie die Arbeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein dritter und letzter Punkt: Sie mogeln sich an Ihrem eigenen Koalitionsvertrag vorbei. Es ist bemerkenswert, dass der Kollege Kahrs uns seinen Koalitionspartner fast wie saures Bier anzudienen versucht. Groß scheint die Freude daher nicht zu sein.

(Johannes Kahrs [SPD]: Na, na, na!)

Aber ich will nur beispielhaft auf die viel zitierte Entlastung der Kommunen zurückkommen, zu der Kollege Barthle gesagt hat, der Koalitionsvertrag werde auf Punkt und Komma eingehalten.

(Norbert Barthle [CDU/CSU]: So ist es!)

Lieber Norbert Barthle, in Ihrem Koalitionsvertrag steht auf Seite 63 wörtlich:

Bereits vor der Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes beginnen wir mit einer jährlichen Entlastung der Kommunen in Höhe von einer Milliarde Euro.

(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Ab 2015!)

– Ich habe wörtlich zitiert. Eine Zahl steht auf Seite 63 Ihres Koalitionsvertrages nicht, Herr Barthle. Darin heißt es „vor der Verabschiedung“ dieses Gesetzes. Das sind die Jahre 2014 und 2015; es sind aber auch die Jahre 2016 und 2017. Ich frage Sie ernsthaft: Wann ist denn „vor“ bei Ihnen, wenn in diesem Regierungsentwurf nicht die 1 Milliarde Euro aufgeführt ist?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Barthle [CDU/CSU]: Im Haushalt nicht nur einen Spiegelstrich lesen! Die nächsten Seiten auch noch lesen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir Grünen werden in diesen Haushaltsberatungen eines unter Beweis stellen: Wir werden unter Beweis stellen, dass man nicht mehr Schulden machen muss, wie Sie es tun, sondern dass man mit dem Geld auskommen kann und dass es möglich ist, einen Haushaltsentwurf aufzustellen, der Investitionen in den wichtigen Zukunftsbereichen setzt, ökologisch schädliche Subventionen abbaut und in Bildung, Teilhabe und Innovationen investiert. Dazu werden wir in den nächsten Wochen Vorschläge machen. Hieran werden wir Sie messen. Wir freuen uns, wenn Sie unsere Anträge unterstützen werden. Wir werden sehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)