Rede – Haushalt 2016: Etat des Auswärtigen Amtes

Tobias spricht in der ersten Lesung des Haushaltsentwurfes 2016 zum Etat des Auswärtigen Amtes.

Redeprotokoll:
Vizepräsident Johannes Singhammer:

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Tobias Lindner für BÜNDNIS 90/Die Grünen.

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ihnen, Herr Kollege Hardt, auch von unserer Seite aus alles Gute in Ihrem neuen Amt und viel Glück dabei. Wenn Sie die Kooperation der grünen Fraktion bei der Kontrolle der Bundesregierung suchen, dann sind wir dazu gerne bereit.

Ich weiß nicht, ob Sie Zugang zu diesem ominösen Datenraum in der US-Botschaft haben.

(Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Ich bin angemeldet!)

– Sie sind angemeldet! Sehen Sie: Vielleicht können wir ins Geschäft darüber kommen, was das Thema Transparenz bei gewissen Dokumenten betrifft, und dann eine ehrliche Debatte über das Freihandelsabkommen TTIP führen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich aber, da wir in einer Haushaltsdebatte sind, etwas zum Etatentwurf des Auswärtigen Amtes sagen. Ja, Herr Minister, es ist richtig, Ihre Ausgaben steigen erneut um 15 Prozent. Das ist nicht nichts, wenn man sieht, dass von diesen 670 Millionen Euro, um die der Etat steigt, 500 Millionen Euro an die Vereinten Nationen gehen. Das ist zwar richtig und notwendig, liebe Kolleginnen und Kollegen. Aber da wir in dieser Debatte beispielsweise auch über das UNHCR gesprochen haben, wird es, denke ich, eine Aufgabe für die Haushaltsberatungen sein, zu schauen, ob an dieser Stelle mehr Mittel notwendig sind; denn das Geld wäre hier gut angelegt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das, worüber wir uns gestern in der allgemeinen Finanzdebatte einig waren, dass dieser Bundeshaushalt wie kaum ein anderer Haushalt zuvor im Beratungsverfahren massive Veränderungen erfahren wird, gilt natürlich erst recht für den Haushalt des Auswärtigen Amtes. Ja, für die humanitäre Hilfe erhöhen Sie die Mittel signifikant. Aber gerade in der Außenpolitik sollten Verlässlichkeit, Verbindlichkeit und Angemessenheit wichtige Maßstäbe sein. Sie, Herr Steinmeier, haben vorhin, als der Kollege Schmidt dies erwähnte, noch den Kopf geschüttelt.

Ich habe mir aber die Zahlen gerade bestätigen lassen: Im Haushaltsentwurf für dieses Jahr, also für 2015, sollten die Mittel für humanitäre Hilfe erst um 38 Prozent abgesenkt werden. Zum Glück ist es in den Haushaltsberatungen gelungen, die Mittel doch wieder aufzustocken. Jetzt wächst dieser Titel wieder. Nun wird es erneut auf das Parlament ankommen, diese Mittel in einem auskömmlichen Bereich weiter aufzustocken, weil wir realisieren, dass sich der Bedarf an humanitärer Hilfe seit 2012 weltweit verdoppelt hat. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sagen wir Grüne: Hier muss ein weiterer Schwerpunkt gesetzt werden. Hier braucht es mehr Geld, als im Etat vorgesehen ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein zweiter Punkt, bei dem Verlässlichkeit und Verbindlichkeit wichtig sind, betrifft den Bereich der Krisenprävention. Ja, die Gelder bleiben bei 95 Millionen Euro. Ich denke, auch hier sollten wir – zumal beim Koalitionsgipfel vom Sonntagabend zum Ausdruck gebracht wurde, dass hier ein Schwerpunkt gesetzt werden soll – schauen, ob mehr gemacht werden kann. Denn es geht nicht nur um Geld, liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht um die Strukturen, die dahinter stehen, um die Menschen, die mit diesem Geld dann auch Dinge verrichten sollen. Da besteht Aufholpotenzial.

Ich will Ihnen ein Beispiel geben. Bisher bewilligen wir Gelder in diesem Bereich an NGOs bzw. an Dritte, welche die Projekte ausführen, nur im Jahresrhythmus. Das führt dazu, dass im Herbst bzw. im November teilweise Ortskräfte entlassen werden müssen und dass die Organisationen ihre Aktivitäten drosseln bzw. herunterfahren müssen, bis ein neuer Bundeshaushalt beschlossen wurde. Dann geht wieder alles von vorne los und muss hochgefahren werden. Dagegen schaffen wir es im BMZ bereits, solche Bewilligungen für zwei oder auch mehr Jahre auszusprechen. Ich denke, liebe Kolleginnen und Kollegen, an solchen Dingen sollte eine bessere Krisenprävention Deutschlands nicht scheitern. Darauf sollten wir bei den Haushaltsberatungen auch ein Augenmerk richten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme zum letzten Punkt. Sie haben sich beim Koalitionsgipfel – das habe ich zumindest den Papieren entnehmen können – darauf geeinigt, die Mittel für Krisenprävention um 400 Millionen Euro zu erhöhen. Noch ist nicht klar, in welche Bereiche genau diese Gelder fließen werden. Ich habe immer die Auskunft erhalten: Das ist eine politische Vereinbarung, die wir umsetzen müssen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns diese Arbeit verrichten und schauen, wo Bedarfe gestiegen sind. Lassen Sie uns schauen, wo sich mehr Verantwortung Deutschlands in der Welt auch im Haushalt niederschlagen muss. Lassen Sie uns vor allen Dingen die Diskussion führen, wie dieses Geld – von den Strukturen bzw. Projekten her – am sinnvollsten ausgegeben werden kann. Wir Grüne werden dazu in den kommenden Wochen unsere Vorschläge machen. Wir freuen uns auf Ihre Unterstützung.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)