Rede – Haushalt des Auswärtigen Amtes 2017

Redeprotokoll

Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Geschätzter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich verzichte jetzt darauf, bei den Kolleginnen und Kollegen im Plenum die fünf oder sechs Beispiele des geschätzten Kollegen Röttgen abzufragen, und muss zum schnöden Mammon zurückkehren.

Auch wenn man in der Diplomatie für manches kein Geld braucht, ist vieles ohne Geld nichts. Wenn wir uns in allen Fraktionen darüber einig waren, dass Flucht und Vertreibung auf diesem Planeten leider zugenommen haben, dass die Zahl der Krisen auch im vergangenen Jahr nicht geringer geworden ist, wenn Sie, Herr Minister, zu Recht erwähnt haben, dass es eine vernünftige Balance von Rückversicherung oder Abschreckung auf der einen Seite und von Dialog, Rüstungskontrolle und Abrüstung auf der anderen Seite braucht, dann verstehe ich, dann versteht meine Fraktion nicht, wie diese Bundesregierung eine politische Schwerpunktsetzung im Haushalt vornehmen kann, die da lautet: 7 Prozent mehr im Rüstungsetat, 200 Millionen Euro weniger für das Auswärtige Amt. Das ist ein falsches und fatales Signal, Herr Minister.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Kollege Hardt hat zu Recht gesagt, die Minderausgaben rührten unter anderem daher, dass wir turnusmäßig 300 Millionen Euro weniger an die Vereinten Nationen als Beitrag zahlen. Richtig. Aber das ist doch kein Argument gegen Spielräume im Haushalt. Das ist doch vielmehr ein Beleg dafür, dass Spielräume im Haushalt des Auswärtigen Amts bestanden hätten und Sie diese nicht genutzt haben. Das, Herr Minister, ist ein Zeichen dafür, dass Sie Ihrer Verantwortung, unter anderem für die humanitäre Hilfe, nicht gerecht geworden sind.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

In der Politik geht es oft darum, recht zu haben. Ich will Ihnen aber sagen: Manchmal würde ich mich gerne irren. Als meine Fraktion in den Haushaltsberatungen des letzten Jahres beantragt hat, die humanitäre Hilfe auf 1 Milliarde Euro aufzustocken, weil wir zu dem Zeitpunkt überzeugt waren – davon sind wir auch heute noch überzeugt –, dass das bitter notwendig ist, da haben Sie von der Großen Koalition das nicht für notwendig gehalten und unseren Antrag vom Tisch gewischt. Das Jahr 2016 war noch nicht einmal ein halbes Jahr alt, da hat der Finanzminister, bei dem Sie betteln gehen mussten – im Haushaltsausschuss haben wir ein paarmal darüber geredet –, Ihnen dankenswerterweise eine überplanmäßige Ausgabe bewilligt. Deutschland wird in diesem Jahr mindestens 1,1 Milliarden Euro, also sogar mehr, als wir beantragt haben, für humanitäre Hilfe leisten. Das ist ein Zeichen, dass Sie mit diesen 730 Millionen Euro nie und nimmer auskommen werden. Wie Sie diese Zahl in den Haushaltsentwurf haben schreiben können, das bleibt Ihr Geheimnis, Herr Steinmeier.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist vor allem auch deshalb nicht zu verstehen, weil in diesem Jahr bereits 733 Millionen Euro, also 3 Millionen Euro mehr, als Sie laut Plan im nächsten Jahr überhaupt zur Verfügung haben werden, in die Region Syrien geflossen sind. Das heißt, Sie dürften im kommenden Jahr keine andere Krise auf diesem Planeten erwarten. Das ist, ehrlich gesagt, absurd, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir Grüne werden deshalb im Rahmen dieser Haushaltsberatungen – Kollege Hardt, ich habe Ihre Worte sehr wohl vernommen – einen gegenfinanzierten Vorschlag unterbreiten, wie man die humanitäre Hilfe auf hohem Niveau ausbauen kann. Wir werden Ihnen einen weiteren Vorschlag unterbreiten – auch das ist in dieser Debatte angesprochen worden –, wie wir vernünftiger mit den Mitteln für zivile Krisenprävention und den Ertüchtigungsmitteln umgehen können. Wir werden vorschlagen, den Ressortkreis Zivile Krisenprävention, den es gibt, mit diesen Mitteln auszustatten, weil wir überzeugt sind, dass es einen ressortübergreifenden Ansatz und eine vernünftige Balance braucht, wenn Deutschland wirklich nachhaltig und effektiv gegen Krisen in dieser Welt arbeiten und für den Frieden in dieser Welt einstehen will. Mit diesen Vorschlägen gehen wir in die Haushaltsberatungen. Wir sind sehr gespannt, wie Sie sich dazu verhalten werden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)