Redeprotokoll
Vizepräsident Johannes Singhammer:
Vielen Dank. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Tobias Lindner, Bündnis 90/Die Grünen.
Dr. Tobias Lindner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zuerst eine Vorbemerkung zum Thema des Tages machen, zum EuGH-Urteil zur Vorratsdatenspeicherung. Herr Minister Maas, ich bin froh, dass ich einen Erkenntnisprozess bei Ihnen wahrnehmen kann. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs – Sie haben es selbst erwähnt – ist klar und eindeutig. Im Namen meiner Fraktion fordere ich Sie auf: Handeln Sie ebenso klar und eindeutig, und setzen Sie sich innerhalb der Bundesregierung dafür ein, dass die Vorratsdatenspeicherung dahin kommt, wohin sie gehört: in die Schublade der Geschichte.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Ich möchte, liebe Kolleginnen und Kollegen, nach der Bewerbungsrede des Kollegen Strobl zurück zum Haushalt des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz kommen. Schon der Titel verrät es: Es geht hier um die Debatte eines durch die Große Koalition neu zugeschnittenen Ministeriums. Das ist eine Entscheidung, die ich persönlich mit Spannung betrachte. Ich weiß, es gibt unterschiedliche Meinungen darüber, wohin der Verbraucherschutz gehören mag. Ich glaube, man kann aus dieser Kombination spannende Dinge machen.
Aber ich will ganz ehrlich sagen: Die Umsetzung dieser Entscheidung, die Konsequenz ist misslungen. Sie, Herr Maas, sind ein Minister, der im Verbraucherschutz zu geringe Zuständigkeiten hat und noch viel geringere finanzielle Mittel hat, um diese zu geringen Zuständigkeiten auszufüllen. Sie sind quasi ein König ohne Reich, was den Verbraucherschutz betrifft, oder – so würde man im Parlament eher sagen – ein Verbraucherschutzminister ohne Verbraucherschutzetat.
Ich will das nur daran deutlich machen: Es reicht nicht, wenn nur ein Drittel der Mittel des Verbraucherschutzes aus dem Etat des ehemaligen Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ins Justizministerium wandert. Es reicht nicht aus, wenn Sie Politik im Prozentbereich betreiben. Ich will dazu nur auf den Titel „Förderung von Innovationen im Bereich des Verbraucherschutzes“ zu sprechen kommen. Er war vormals mit 35 Millionen Euro ausgestattet. Ganze 1,5 Millionen Euro sind in Ihren Bereich gewandert; das sind schlappe 4 Prozent. Ich erwarte von Ihnen mehr als Verbraucherschutzpolitik im Prozentbereich.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Burkhard Lischka [SPD]: Warten Sie doch mal ab!)
– Den Kolleginnen und Kollegen von der SPD rufe ich zu: Wir freuen uns auf die Haushaltsberatungen mit Ihnen bzw. mit euch
(Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Sehr gern!)
und sind dankbar für Unterstützung, wenn es darum geht, etwas zu verändern.
(Zuruf der Abg. Elvira Drobinski-Weiß [SPD])
Zum Thema Marktwächter – Herr Maas, Sie haben es selbst erwähnt – muss ich sagen: Marktwächter haben wir Grüne schon lange gefordert. Eigentlich hätten wir uns freuen können, dass die Große Koalition sie in ihren Vertrag übernommen hat. Es ist wichtig, dass wir im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher Marktwächter haben, was Finanzprodukte, digitale Welt und neue Geschäftsmodelle betrifft. Aber leider ist es bisher – zu dem Schluss kommt man, wenn man den Etatentwurf für 2014 betrachtet – nur bei Ankündigungen geblieben. Die Marktwächter sind schlichtweg nicht etatisiert. Ich bin sehr gespannt, ob wir bis 2015 warten müssen
(Burkhard Lischka [SPD]: Nein, müssen Sie nicht!)
oder wie lange wir warten müssen, bis dieses Projekt umgesetzt werden kann. Zumindest nach dem Entwurf für 2014, wenn man den ernst nimmt, müssten wir darauf noch warten.
Ein anderer Punkt, auf den Sie eingegangen sind, ist der Sachverständigenrat für Verbraucherschutz. Das ist ein Projekt, das man durchaus begrüßen kann. Aber es darf bei einem Sachverständigenrat für Verbraucherschutz nicht bei einer netten Kaffee- oder Teerunde bleiben. Der Rat muss angemessen ausgestattet sein, er braucht eine Geschäftsstelle und Mitarbeiter, wenn er wirklich wissenschaftliche Beratung leisten soll, wenn er wirklich Sachverstand versammeln soll, der dann auch der Politik zugutekommt.
Auch hierzu muss man sagen: Es ist im Etatentwurf dazu nichts zu finden, und wir debattieren heute nun einmal über den Entwurf für 2014. Mehr als eine Ankündigung ist das bisher also nicht. Ich habe die Hoffnung, dass wir in den Haushaltsberatungen an der einen oder anderen Stelle noch Dinge verändern können, damit es nicht bei Ankündigungen bleibt.
(Beifall der Abg. Caren Lay [DIE LINKE])
Lassen Sie mich einen letzten Punkt aufzählen – Sie haben das selbst erwähnt –: institutionelle Zuschüsse für den Verbraucherzentrale Bundesverband und die Stiftung Warentest. Es ist richtig, dass man sich Brüssel zuwendet, aber das ist beileibe nicht genug, nachdem Sie im Koalitionsvertrag angekündigt haben, diese Mittel zu erhöhen und zu verstetigen. Man darf mit dem Etatentwurf nicht hinter diesen Ankündigungen zurückbleiben.
Der Kollege Claus von den Linken hat durchaus, so denke ich, im Namen vieler hier herausgestellt, wo Justizpolitik wirklich wichtig ist und dass sich Koalition und Opposition einig sind, dass diese Bereiche angemessen ausgestattet sein müssen. Ich fordere Sie deshalb auf: Wenn Sie ein Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wollen, dann müssen Sie dies in Ihrem Haushalt nachvollziehen und dann dürfen Sie keine halben Sachen machen. Bleiben Sie nicht nur bei Ankündigungen, sondern sorgen Sie auch dafür, dass die Projekte, die Sie im Koalitionsvertrag beschreiben und die Sie heute hier angekündigt haben, Wirklichkeit werden können und angemessen ausgestattet sind.
Wir Grüne werden dazu in den Haushaltsberatungen zahlreiche Vorschläge machen. Ich freue mich da über die Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen, die das ähnlich sehen.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)